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Banken müssen in Konkurs gehen können

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Der gegenwärtige, politisch gewollte Haftungsausschluss für Banken widerspricht sämtlichen marktwirtschaftlichen und rechtsstaatlichen Prinzipien. Der hier vorgestellte Rahmen zur Abwicklung von überschuldeten Banken bei Aufrechterhaltung des Zahlungsverkehrs würde die Marktordnung wiederherstellen.

Durch den Beschluss der G-20 vom November 2008, keine systemrelevante Bank untergehen zu lassen, und durch das falsche Handeln der Zentralbanken und Regierungen haben unsere überschuldeten Grossbanken ein Erpressungspotenzial in die Hand gelegt bekommen, das zu einem Haftungsausschluss für Banken geführt hat. Dieser Haftungsausschluss für Banken widerspricht sämtlichen marktwirtschaftlichen und rechtsstaatlichen Prinzipien. Das Erpressungspotenzial der Banken besteht in der Drohung, dass der Banken- und Finanzsektor und der Zahlungsverkehr zusammenbrechen würden, falls eine systemrelevante Bank Insolvenz anmelden müsste. Auf diesen Kurzschluss fällt man in unseren westlichen Gesellschaften angsterfüllt herein, weil wir uns das Denken in Ordnungen abgewöhnt haben. Das Erpressungspotenzial der Banken kann jedoch entkräftet werden, wenn das Gesamtinteresse der Aufrechterhaltung des Zahlungsverkehrs vom Problem der Bankinsolvenz getrennt wird.

Zahlungsverkehr aufrechterhalten

Erstens: Der Beschluss der G-20, keine systemrelevante Bank untergehen zu lassen, muss revidiert werden. Zweitens: Die Regierungen antworten auf die Erpressung der Banken, einen Insolvenzantrag bei Gericht einzureichen, mit: «Ja bitte, macht doch!» Eine Marktwirtschaft ohne Insolvenzrichter ist keine Marktwirtschaft. Für Banken soll das gleiche Recht wie für alle anderen Unternehmen gelten. Drittens: Der Staat übernimmt eine Garantie für die privaten Spareinlagen bei der insolventen Bank und für die Kredite an Unternehmen der Realwirtschaft, die diese insolvente Bank vergeben hat. Zahlungsverpflichtungen der insolventen Bank an andere Banken, die nicht die Konten der Kunden der anderen Bank betreffen, sondern direkt an die andere Bank gehen, werden aber nicht garantiert. Viertens: Ein Insolvenzverwalter übernimmt die Führung der insolventen Geschäftsbank und sorgt dafür, dass alle Zahlungen, für die eine staatliche Garantie vorliegt, ordnungsgemäss durchgeführt werden. Die Refinanzierung dieser Zahlungen erfolgt wie zurzeit auch über die Zentralbank.

Der Zahlungsverkehr wird bei Beachtung dieser vier Grundelemente aufrechterhalten. Denn durch einen Insolvenzantrag einer Bank werden nicht zeitgleich die Computer in dieser Bank abgestellt und die Leute entlassen. Durch einen Insolvenzantrag einer Bank wird die rechtliche Abwicklung dieser Bank eingeleitet. Der Zahlungsverkehr bricht durch einen Insolvenzantrag einer Bank nicht zusammen, wenn man ihn nicht zusammenbrechen lässt und das Kreditwesengesetz entsprechend ändert. Zu einem Sturm auf die Banken wird es nicht kommen, wenn der Staat die genannte Garantie für bestimmte Zahlungen übernimmt und wenn das beschriebene Szenario in der Öffentlichkeit durch die Massenmedien so weit verständlich verbreitet wird, dass die Menschen vor einem Insolvenzantrag der Deutschen Bank, der UBS oder der Hypo Real Estate keine Angst mehr haben. Ein 10-Euro-Schein ist in unserem ungedeckten staatlichen Papiergeldsystem auch nichts anderes als eine staatliche Garantie und unterscheidet sich deshalb nicht von Spareinlagen, wenn für diese eine staatliche Eigentumsgarantie vorliegt. Von einer Abhebung der Spareinlagen hat deshalb kein Sparer einen Vorteil gegenüber Bargeld. Entscheidend ist, dass der Zahlungsverkehr aufrechterhalten wird und der Sparer weiss, dass seine Ersparnisse durch eine Bankinsolvenz nicht vernichtet werden. Es ist dann unerheblich, ob man eine 10-Euro-Note in der Hand hält oder ob man diese 10 Euro bei einer Bank eingelegt hat.

Positive Effekte der Abwicklungen

In diesem Szenario ist ausgeschlossen, dass der Staat alle Zahlungsverpflichtungen der insolventen Bank deckt. Natürlich kann diese bewusste Beschränkung der Übernahme von Zahlungsverpflichtungen einer insolventen Bank A dazu führen, dass eine Bank B ebenfalls Insolvenz anmelden muss. Auch für Bank B kommen die vier genannten Grundelemente des Bankenabwicklungsszenarios zur Anwendung, so dass die Zahlungen von Konten der Kunden der Bank B zu anderen Banken ausgeführt werden können und Kredite, die die Bank B an die Realwirtschaft vergeben hat, weiterhin gedeckt sind und nicht aufgekündigt werden. Der Zahlungsverkehr wird auch durch die Insolvenz der Bank B nicht zusammenbrechen, sondern durch einen Insolvenzverwalter kontrolliert aufrechterhalten werden. Da natürlich auch eine Bank C und weitere Banken durch die Insolvenzen der Banken A und B in Schwierigkeiten geraten könnten, kann es geschehen, dass das gesamte überschuldete Teilreservebanksystem abgewickelt werden müsste, ohne dass der Zahlungsverkehr zusammenbricht. Es könnte sogar ein positiv zu bewertender Dominoeffekt entstehen, der andere Staaten aufgrund der internationalen Verflechtung unserer Finanzwirtschaft dazu zwingt, dieses Szenario zur kontrollierten Abwicklung von überschuldeten Banken bei Aufrechterhaltung des Zahlungsverkehrs zu übernehmen. Zudem würden die ungedeckten Zahlungsverpflichtungen zwischen den Banken und grosse Teile der aus dem Nichts geschöpften Geld- und Kreditmenge aus früheren Interbankengeschäften zurück ins Nichts befördert. Das heisst auch, die Schrottpapiere, die zurzeit die Bad Banks füttern, würden vernichtet.

Die rechtlich abgewickelten, ehemals überschuldeten Banken könnten anschliessend verkauft werden. Wir könnten das uns beherrschende Schneeballsystem des überschuldeten Teilreservebankwesens abwickeln und eine neue Geldordnung, die marktwirtschaftlichen und rechtsstaatlichen Prinzipien entspricht, gestalten, ohne dass es zu einem Zusammenbruch des gesamten Zahlungsverkehrs kommt. Da so das Erpressungspotenzial der Banken entkräftet wird, wäre Ordnungspolitik in Europa wieder möglich.


Dieser Beitrag ist zuerst in der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) erschienen.


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